In Kleve reibt man sich die Augen ob des Bürgermeisterwahlausgangs. Was kaum jemand erwartet hatte, trat ein: Herr Markus Dahmen ist Bürgermeister.
Und so versucht man sich in Erklärungen wie hier, wo Herr Oversteegen von der Rheinischen Post fünf Gründe sieht; welche aber nicht entscheidend gewesen sein dürften:
- Gebing sollen die Partner gefehlt haben: Ja, das stimmt; nur entscheidend war dies nicht.
- Gebing ist kein Theo. Zum Glück war er das auch nicht. Die Brauer-Art kam längst nicht bei jedem an; so mancher mag Technokratentum der Leutseligkeit vorgezogen haben.
- Die „vertane Laga-Chance“ war nicht vertan. Herr Gebing hatte das Laga Abenteuer gegen vielfache Bedenken als sein Baby geboren und durchgesetzt – was auch hinreichend bekannt war.
- Dahmen nicht gestellt. Erschien auch mir so; nur: Hätte er ihn gestellt, hätte er seinem Kontrahenten vielleicht noch Mitleidspunkte besorgt. Herr Gebing ist dafür als elder Statesman aufgetreten und war sich seiner Sache wohl sicher. Kenne ich.
- Die schwache Wahlbeteiligung … spielte überhaupt keine Rolle, denn beide Kandidaten waren gleichermaßen betroffen oder begünstigt – man weiß es nicht.
Nein, das waren also nicht die Gründe. Diese dürften ausschließlich im Verhalten der AfD unter kräftiger Mithilfe von Herrn Gebing gelegen haben:
Innerhalb der örtlichen AfD regten sich schon früh Stimmen, die für eine Unterstützung der Gebingschen Kandidatur sprachen. Nicht, weil Gebing die AfD gefördert hätte und dessen CDU der AfD vernünftig gegenübergetreten wäre, nein, sondern deshalb, weil das Gegenbündnis als noch ätzender eingeschätzt wurde. Auch unter diesen Gesichtspunkten hatte ich vor der Aufstellung eines eigenen Bürgermeisterkandidaten gewarnt (und habe dieser in der entscheidenden Abstimmung als einziger, auch aus anderen Gründen, nicht zugestimmt). Die Präsentation von Herrn Kaiser als Bürgermeisterkandidat hat Herrn Gebing im ersten Wahlgang die Tour vermasselt: Während Gebing im ersten Wahlgang 43,9 % und Dahmen auf 43 % kamen, erzielte der AfD-Kandidat 13,1 %. Da sicher davon ausgegangen werden kann, dass im Falle eines AfD-Nichtantritts die Kaiser-Wähler mindestens überwiegend den CDU-Kandidaten gewählt hätten, wäre Herr Gebing im ersten Wahlgang bereits „durch“ gewesen.
Die vergebene zweite Chance dürfte sich Herr Gebing selbst zuzuschreiben haben: Der Abstand zu Herrn Dahmen betrug im zweiten Wahlgang gerade mal 655 Stimmen. Die AfD hatte zwei Wochen zuvor 2.516 Wähler von sich überzeugen können.
Man kann sicher davon ausgehen, dass, nachdem Herr Gebing zwischen den Wahlen in populistischer Manier die AfD erwähnte (vergl. hier „Bei Gebing stößt die Wahlempfehlung der AfD auf Ablehnung. ´Ích werbe um jede Stimme, aber ich werbe nicht um die AfD und deren Unterstützung´, sagt der Christdemokrat …“), mehr als 655 der AfD-Wähler „dann eben nicht“ gesagt haben.
Fehler am Wassergraben oder o si tacuisses … – vielleicht hatte der Bürgermeister auch nur mal in Latein gefehlt.